#17
Valloton fragt Valloton - Die Loaferfrage
Lorenz O. Valloton
Wollen wir über Loafer sprechen? Also Schuhe zum Hineinschlüpfen?
Friedrich G. Valloton
Das klingt beinahe schlüpfrig, so wie Sie es sagen.
Lorenz O. Valloton
Verzeihung! Ich trage welche, wie Sie sehen. Sie nicht. Natürlich nicht.
Friedrich G. Valloton
Ich habe Loafer und trage sie auch. Selten zwar, aber doch.
Lorenz O. Valloton
Wie finden Sie meine?
Friedrich G. Valloton
Sehr schön. Ich habe sie Ihnen empfohlen.
Lorenz O. Valloton
Wirklich? Ich dachte, ich hätte selbst ein wenig Geschmack bewiesen.
Friedrich G. Valloton
Haben Sie auch. Sie sind meiner Empfehlung gefolgt.
Lorenz O. Valloton
Sie sind von Alberto Fasciani. Warum haben Sie gerade diese empfohlen?
Friedrich G. Valloton
Ich bin heute ein wenig erschöpft von der Eröffnung gestern Abend, und Sie stellen eine ziemlich große Frage, die mich dazu nötigt auszuholen.
Lorenz O. Valloton
Dann also einfacher: Wie stehen Sie zu Loafern?
Friedrich G. Valloton
Ich anerkenne ihre Existenz und verabscheue in neun von zehn Fällen deren formale Ausgestaltung.
Lorenz O. Valloton
Weil?
Friedrich G. Valloton
Ich war heute Vormittag im Supermarkt gegenüber zum Einkaufen. Es ist einer dieser Premium-Supermärkte in sehr guter Frequenzlage mit erweitertem Sortiment, höflicherem Personal et cetera. Ich stehe bei den Tomaten, neben mir ein Mann meines Alters, der ein wenig fahrig und gehetzt zur San Marzano Tasse in Bio-Qualität greift und weiter zieht. Er trägt eine Nachbildung der Gucci Jordaan Loafer in schwarzem Veloursleder mit den unvermeidlichen güldenen Schmuckteilen. Die Hose sitzt schlecht, die Jacke auch, der Seidenschal ist grell, das Parfum zu prominent. Bestimmt bin ich ungerecht und er ist ein netter Kerl, aber das verbinde ich mit Loafern, jedenfalls hier in Wien. In Italien oder Spanien etwa sieht das natürlich anders aus.
Lorenz O. Valloton
Ich verstehe. Es ist aber eine bestimmte Art von Loafern, die von bestimmten Menschen getragen wird.
Friedrich G. Valloton
Ja, die neun von zehn. Es gibt auch sehr schöne Loafer, viel zu selten, aber es gibt sie. Ihre zum Beispiel.
Lorenz O. Valloton
Was macht es aus?
Friedrich G. Valloton
Es wäre natürlich leichter, es anhand einer Auswahl von Modellen zu zeigen, als darüber zu sprechen. Ihr Modell hat eine männliche Silhouette, ist ein wenig casual, aber nicht zu sehr, ein wenig patiniert, aber nicht zu sehr, die Sohle hat die richtige Stärke, Radius und Form der Vorderkappe entsprechen alldem perfekt. Er ist gut verarbeitet, das Leder ist hochwertig, der Preis bei Fasciani, offen gesagt, etwas zu hoch, aber sei´s drum. Es ist ein Loafer, den Lino Ventura zu einem grauen, einteiligen Herringbone mit breiterem Revers, hellblauem Hemd und dunkelblauer Strickkrawatte tragen würde. Wie sollte das falsch sein?
Lorenz O. Valloton
Der vorhin von Ihnen zitierte Horsebit Loafer von Gucci ist natürlich ein Klassiker. Ich will nicht aufzählen, wer aller ihn trug.
Friedrich G. Valloton
Ich weiß, dass ich mir mit meiner Meinung nicht nur Freunde mache. Und vielleicht hat selbst Marcello Mastroianni einmal Loafer mit goldener Trense getragen, wenngleich mir kein einziges Bild bekannt ist, das das belegen würde. Ich behaupte, er würde sie heute nicht mehr tragen. Die Schuhe, die er normalerweise trug, allesamt geschmackssicher und exquisit, lassen das jedenfalls vermuten.
Lorenz O. Valloton
Und für Frauen?
Friedrich G. Valloton
Bei Frauen kann es in Einzelfällen funktionieren. Fragen Sie mich nicht warum. Ich glaube, es hat mir der Leibesmitte zu tun.
Lorenz O. Valloton
Sie meinen, es kann sexy sein?
Friedrich G. Valloton
So ist es. Und wie wir wissen, ist alles in diesem Kosmos rätselhaft und unergründlich.
Lorenz O. Valloton
Haben Sie selbst Loafer?
Friedrich G. Valloton
Ja, sogar mehrere Paar. Edward Green, Fasciani, Officine Creative, Carmina, um jene zu nennen, derer ich mir sicher bin. Und ich muss sagen, ich trage sie zuletzt auch öfter, als ich es früher tat, jedenfalls ein, zwei Exemplare. Die anderen stehen im Schrank, ich gebe ihnen eine Chance, ziehe sie an, betrachte mich im Spiegel und stelle sie wieder zurück an ihren Platz. Es ist eben ein kompliziertes Verhältnis.
Lorenz O. Valloton
Dann danke ich Ihnen für Ihre einstige Empfehlung und erfreue mich weiter am unkomplizierten Verhältnis zu meinen wunderbaren Exemplaren.
Friedrich G. Valloton
De rien, mein Lieber!